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Nicht jeder Preis ist eine Auszeichnung

TONSTÖRUNG

Die Landespressekonferenz Sachsen e. V. vergibt seit 2006 die "Tonstörung" für unkommunikative Leistungen. Die "Tonstörung" wird mit dem Ziel verliehen, auf Missstände in der landespolitischen Pressearbeit aufmerksam zu machen und damit einen Anstoß zu geben, den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Landespolitik und Presse zu verbessern.

 

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Mit der Preisvergabe kritisiert die Vereinigung landespolitischer Journalistinnen und Journalisten Erschwernisse bei der Berichterstattung rund um die Kunstsammlungen. Thematischer Schwerpunkt waren dabei die Nachwehen zum Einbruch ins Grüne Gewölbe 2019. Der Prozess gegen die Haupttäter begann im Januar 2022 und endete im Mai 2023 mit der Verhängung von Freiheitsstrafen. In dessen Verlauf, aber auch im Nachgang gab es zahlreiche Presseanfragen an die SKD, bei denen der Pressesprecher nicht nur durch schlechte Erreichbarkeit und mangelnde Kommunikationsbereitschaft auffiel. Anfragen wurden teilweise gar nicht oder nur ausweichend beantwortet. Aus der Motivation, dass der Kunstdiebstahl, obwohl er zu den größten in Deutschland seit Jahrzehnten gehört, kein Thema mehr sein könne und stattdessen doch längst „positive“ Nachrichten angebracht seien, wurde dabei kein Hehl gemacht. Doch auch bei Recherchen zu anderen Themen der SKD nahmen Journalisten zuletzt Einschränkungen wahr. Dazu gehörte die Bitte um Textvorlage vor Veröffentlichung. Zudem sollen Direktoren der einzelnen Museen nicht allein, sondern nur in Begleitung der SKD-Pressestelle Journalisten Auskünfte geben – ein eigentümliches Verständnis von Pressefreiheit.

Mit einem speziellen Umgang bei Fragen zu unliebsamen Themen sind im vergangenen Jahr auch sächsische Kommunen aufgefallen. Die Pressestelle der Landeshauptstadt Dresden hat mit einer auch jetzt noch abrufbaren Veröffentlichung auf Recherchen zur Finanzierung einer Rathaus-Party für 18-Jährige reagiert. Darin wurde zwei konkret benannten Medien nicht nur die Komplizenschaft mit einem Stadtratsfraktionschef unterstellt. Ihnen wurde vorgehalten, die Faktenlage zu ignorieren, um Klicks zu generieren. Der Pressestelle habe das so viel Aufmerksamkeit abverlangt, dass sie „wirklich wichtige Themen“ nicht aufbereiten konnte. Eine Erwähnung „verdient“ haben sich zudem die Pressestelle in Freiberg und Oberbürgermeister Sven Krüger für ihren Umgang mit Recherchen zu einer Reise Krügers ins russische St. Petersburg. Wurde dem medialen Interesse zunächst noch mit einem Statement begegnet, blieben Nachfragen später gänzlich unbeantwortet. Krüger selbst verwies schließlich in einem sozialen Netzwerk auf ein von ihm selbst in Auftrag gegebenes Anwaltsgutachten, wonach die Reise „privat“ gewesen sei – obwohl Krüger in Begleitung seines Büroleiters unterwegs und bei einem Ball als Stadtoberhaupt empfangen worden war.

Mit der Preisvergabe kritisiert die Vereinigung landespolitischer Journalistinnen und Journalisten die Bemühungen der sächsischen AfD, Pressearbeit beim vergangenen Parteitag in Löbau einzuschränken beziehungsweise zu verhindern. Dies zeigte sich nach Ansicht der Jury nicht nur in der Weigerung, einen Korrespondenten der Freien Presse für den Parteitag zu akkreditieren. Die AfD schränkte zudem die Anzahl der zugelassenen Journalistinnen und Journalisten nach eigenen Angaben aus Platzgründen stark ein. Beim Parteitag konnte allerdings von einer beengten Situation keine Rede sein: Der sogenannte Pressebereich hätte einer Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen Platz geboten. Für die Jury zeigten die Umstände des Parteitags erneut, dass der AfD-Landesverband Sachsen weiterhin die Berichterstattung über innerparteiliche Vorgänge erschweren möchte. Die Partei hat bereits im Jahr 2018 wegen ähnlicher Vorkommnisse die „Tonstörung“ erhalten. Trotz einzelner Versuche von Funktionären, das Verhältnis zur Presse zu entspannen, hat sich am Grundproblem wenig geändert.

Mit der Preisvergabe kritisiert die Vereinigung landespolitischer Journalistinnen und Journalisten die Informationspolitik der sächsischen Staatsregierung während der Corona-Pandemie. Ausdrücklich möchte die Jury nicht einzelne Ministerien in den Mittelpunkt ihrer Kritik stellen, da es im vergangenen Jahr eine Vielzahl von Kommunikationsproblemen gegeben hat, die sich nicht auf ein oder zwei Häuser konzentrieren.Als ein grundlegendes Problem hat sich während der Corona-Pandemie die Kommunikation der Corona-Verordnungen erwiesen. Während derPressekonferenzen kam es regelmäßig zu fehlerhaften Darstellungen derVorschriften, einzelne Mitglieder des Kabinetts widersprachen mitunter einander. Auch auf Nachfragen konnten Unklarheiten nicht sofort aufgelöst werden, was teils aufwändige Nachrecherchen nach sich zog. Diese wurden zudem dadurch behindert, dass der Verordnungstext nicht zeitnah vorlag und vorliegt. Selbst in Pressemitteilungen wurden die geplanten Regelungen zum Teil falsch dargestellt.

​"Das vergangene Jahr war journalistisch von der Coronakrise geprägt. Die Anforderungen sowohl an einzelne Pressestellen als auch an die Organisation von Pressekonferenzen waren ein Vielfaches höher als in vorherigen Jahren", teilt die Jury mit. „Sicherlich ist es auch im Jahr 2020 zu kritikwürdigem Verhalten von Pressestellen gekommen. Wir führen dies aber zu einem großen Teil auf die besonderen Herausforderungen der Krise zurück.“ Vor diesem Hintergrund hält es die Jury für ein Gebot der Fairness, die Umstände der anhaltenden Krise zu berücksichtigen. Sie setzt deswegen die Preisvergabe aus. Im kommenden Jahr wird die Tonstörung wieder regulär verliehen. Die Landespressekonferenz Sachsen e.V. vergibt seit 2006 die „Tonstörung“ für unkommunikative Leistungen. Die "Tonstörung" wird mit dem Ziel verliehen, auf Missstände in der landespolitischen Pressearbeit aufmerksam zu machen und damit einen Anstoß zu geben, den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Landespolitik und Presse zu verbessern.

Mit der Preisvergabe kritisiert die Vereinigung landespolitischer Journalistinnen und Journalisten die aus ihrer Sicht mangelhafte Pressearbeit der Landesdirektion Sachsen. Die oberste Landesbehörde ist in der Vergangenheit immer wieder durch fehlende Offenheit und mangelnde Kommunikationsbereitschaft aufgefallen. Medienanfragen werden in der Regel weit nach der vorgegebenen Frist, ausweichend oder auch gar nicht beantwortet. Die Pressestelle ist darüber hinaus schwer erreichbar. Die Landesdirektion präsentiert sich Journalisten als verschlossene Einrichtung, die ihre Kommunikation konsequent vernachlässigt.

Mit der Preisvergabe kritisiert die Vereinigung landespolitischer Journalisten die wiederholten Versuche der Partei, Berichterstattung über Mitglieder, Funktionäre oder innerparteiliche Vorgänge zu erschweren oder gar zu verhindern. Dazu bedient sich die Partei immer wieder des Mittels des Ausschlusses einzelner Pressevertreter oder Medienhäuser, etwa von grundsätzlich öffentlichen Parteiveranstaltungen. Die regelmäßige Verächtlichmachung von Medien gipfelte im vergangenen Jahr in der Ankündigung des AfD-Landesverbandes, die Redaktion von Tag24.de/Morgenpost gänzlich von der Berichterstattung auszuschließen.

Die Landespressekonferenz Sachsen verzichtet auf die Verleihung des Negativpreises "Tonstörung" für das vergangene Jahr. Es gab zwar aus den Reihen der Kollegen Kritik an der Arbeit von Behörden, Verwaltungen, Parteien und Sprechern. Diese erschien jedoch der von der LPK-Mitgliederversammlung gewählten Jury nicht so gravierend, als dass sie eine Preisvergabe gerechtfertigt hätte. Der LPK-Vorstand hofft insbesondere darauf, dass mit dem Antritt der neuen Landesregierung bisherige Defizite konstruktiv behoben werden und die LPK-Mitglieder auf eine faire Pressearbeit aller Ministerien vertrauen können. Journalisten sind auf zügige und zuverlässige Auskünfte angewiesen.

Obwohl der Fall bundesweit erhebliches Aufsehen erregte, verzichtete die Staatsanwaltschaft Leipzig darauf, proaktiv über Ermittlungsfortschritte zu berichten. Die Ermittlungen mündeten in eine Anklageerhebung Ende September 2016, ohne die Öffentlichkeit darüber zu informieren. Die Vorgehensweise ist auch deshalb bemerkenswert, weil der Fall politisch hohe Wellen schlug. Vielmehr wurde im November 2016 zur Begründung für die Nicht-Information der Öffentlichkeit angegeben, dass es seit einigen Monaten seitens der Medien keine Nachfragen und somit keine öffentliche Aufmerksamkeit mehr gegeben habe. Dies trifft jedoch nach Erkenntnissen der Jury nicht zu. Vielmehr hatten Medienvertreter sehr wohl nach Fortschritten bei öffentlichkeitswirksamen Fällen gefragt. Die Nichtinformation der Staatsanwaltschaft Leipzig im Fall Gemkow ist ein besonders eklatanter Fall, der aus Sicht der Jury aber exemplarisch ist für strukturelle Defizite bei sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichten.

Die Pressearbeit des Finanzministeriums unter Staatsminister Prof. Unland ließ im vergangenen Jahr mehrfach gegenüber der Öffentlichkeit die gebotene Transparenz und Auskunftsbereitschaft vermissen. Auch in Zusammenhang mit öffentlich relevanten Vorgängen in Staatsbetrieben, die zum Geschäftsbereich des Finanzministeriums gehören, ist die Pressearbeit äußerst kritikwürdig. Trotz großen Interesses der Medien versäumt es Prof. Unland immer wieder Entscheidungen sowie politische Absichten und das Handeln seines Ressorts so zu kommunizieren, wie es sich in einem demokratischen Gemeinwesen gehört. So stand der Minister für Pressekonferenzen oder -gespräche zu wesentlichen Themen aus seinem Geschäftsbereich nicht zur Verfügung - etwa zur regionalisierten Steuerschätzung für Sachsen oder zum Verfassungsgerichtsurteil zur Beamtenbesoldung.

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